// Antonia Steger  // 27. September 2012

Semestermassenstart


Punkt Montag vereinnahmt eine Flut von Schuhen die ehrwürdigen Hallen des Wissens hoch über der Stadt. Ärsche stossen aneinander, Brüste werden präsentiert, frische Haarfarben schimmern schüchtern. Hüte, tief in die Stirn gezogen, runde Brillen und herausfordernde Gesten. Körperdüfte durchfluten die Luft, die schon durch abertausende Lungen gegangen ist und an diesem Montag ihre Zirkulation wieder aufnimmt. Im feuchten Biotop der elitären Partnervermittlung mäandriert die Masse in einem Erguss um ihre Ballungszentren, nur langsam und in höchster sozialer Ekstase gerinnt sie zäh in ihre betrieblich organisierten Säle und Zimmerchen.

Punkt achtzehn Uhr kehrt Ruhe ein, die graue Stadt beginnt nach dem grossen Verkehrschaos mit ihrer Abendroutine. Hoch über ihr ist ein Fensterchen in einem Zimmerchen noch beleuchtet, ein Quäntchen Masse nimmt mit müden Augen die letzten zwei Tagesstunden in Angriff. „Onhm, fünfzehn Seiten Arbeit, das muss schon sein…“ Ein sanfter Ruck geht durch die Glieder, ein Aufmüpfen, Punkte und Stunden Zählen. Jemand steht wortlos auf, verlässt den Raum mit abgewandtem Blick. Die Türe fällt zu, lautes Grinsen erhebt sich nach zwei Sekunden Stille. Häme wird ausgeschüttet über das Loch, das die Schnellgegangene hinterlässt. Die Masse muss sich vereinigt darüber ergiessen, um die Kraft aufzubringen, ihr Kampffeld in seiner Erhabenheit neu zu errichten.

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