// Antonia Steger  // 22. August 2012 0 Kommentare

Das Hipster-Phänomen

Warum alle den Hipster hassen, obwohl es ihn nirgends gibt und auch du einer bist.

Der Hipster ist entweder das „horn“brillen tragende Hassobjekt mit Jutesack und Karohemd oder ein Objekt der Begierde im Internet. Mit einem Video begann diese hoch emotionale Polemik:


Die ganze Welle an Emotionen ist damit zusammengefasst, nothing to add. Doch spannender finde ich, einen Versuch für das Verständnis des Phänomens zu starten. Die Gesellschaft, in der das Hipstertum entstand, ist nämlich ziemlich paradox:
  • Seit man merkte, dass Gott nur eine Idee von uns Menschen ist, hat die Befreiung angefangen. Wir haben gelernt: Realität, Wahrheit, unsere Identität wird durch menschliche Prozesse erzeugt. 
  • Andererseits merken wir immer mehr, dass nicht wir es sind, die diese Prozesse bestimmen. Sie werden global über Institutionen, Politik und vor allem die Wirtschaft gesteuert. Kaum hatten wir die Macht über unsere Realität, kam sie uns brutal abhanden.
Was bleibt? Wir uns selbst. Ich habe die Macht über mich und vor allem über mein Bild. Ich bestimme, was andere in mir sehen sollen: Welches Produkt soll aus mir werden? Selbstvermarktung gehört heute zentral in jedes Leben. Der Hipster ist sich dieser Tatsache vollkommen bewusst. 

Der Hipster als Skala, oder: Ich brauche Nachhilfe in Photoshop.

Der Hipster ist jedoch kein Typ Mensch, sondern eine Skala. Am extremen Ende steht der „echte“ Hipster, der die Selbstdarstellung perfektioniert hat. Das sind die Verrückten, wie es eine mild aussergewöhnlich gekleidete Dame auf Zürichs Strassen einst ausgerufen hat: „Gehe nach New York, dort sind sie craaaazy!“ Das sind diejenigen, die alles schon vor dir wissen und alles weggeworfen haben, wenn du es erst mal entdeckt hast.
Der „echte“ Hipster zeigt sich wirklich unkonventionell, unverkennbar. Tattoos als individuelle Bemalung und immer wieder Mode, Mode, Mode. Dies schlägt natürlich schnell in Arroganz um. „Ich bin so anders als ihr, das heisst, ich bin besser.“ Dies ist zu bewundern oder zu hassen, aber logischerweise schwierig zum Gernhaben.
Der Hipster-Hass würde jedoch nicht so kräftig lodern, wenn sich die Hassenden selbst nicht davon betroffen fühlten. Nochmals: Der Hipster ist kein Typ Mensch, sondern eine Skala. Jeder ist ein bisschen Hipster. Es kommt kaum ein Mensch in unseren Kulturkreisen um die Selbstvermarktung herum, jeder ist genötigt, sich irgendwo auf dieser Skala zu verorten. Dabei entsteht ein dröhnender Wettbewerb. Von Neid bis zum arroganten Blossstellen des Anderen, um sich besser zu fühlen – so kochen die Gefühle hoch, weil man selbst Teil der Diskussion ist.

Das Paradox: verwechselbare Unverwechselbarkeit

Menschen, die sich auf Selbstvermarktung spezialisieren, möchten unverwechselbar sein. Dass dies manchen weniger gut gelingt als anderen, sollte nicht verwundern. Interessanter finde ich, dass hier wohl die erste kulturelle Bewegung entsteht, deren Teilnehmer sich nicht zu dem bekennen, was sie sind. Sie stehen mit Gleichgesinnten im Wettbewerb und haben deswegen den Reflex, sich von ihnen zu distanzieren. Die Nächsten werden zur Gefahr, da sie einem zu ähnlich sind. Darum wird auch immer wieder hämisch belächelt, dass sich die Hipster in ihrer Individualität alle gleichen. Damit sind sie – etwas plump – in ihrem Zentrum getroffen. Doch die Kritiker kritisieren damit auch gleich sich selbst.

Jedenfalls ist es falsch, von „ihnen“ zu reden. Ich bin selber Teil der Skala und ich kenne die Stiche beim Anblick besser Angepassten, das heisst der besseren Selbstdarsteller. Ich kenne auch die Stiche, die für eine Zürcherin Städte wie Berlin und London erzeugen. Andererseits kenne ich auch die Lust daran, allzu Bemühte zu belächeln. Dabei sind wir alle so angreifbar, weil wir uns kaum zusammenschliessen können. Weil wir nicht als Bewegung, sondern als Einzelkämpfer durch die Welt kullern mit der Illusion, unsere Uniformierung ignorieren zu können. So will jeder den Hipster im Nachbarn erkennen, doch bei sich selbst hört man mit dem Denken auf.
// Antonia Steger  // 18. August 2012 1 Kommentare

Traumberuf Bürogummi?

Wichtige Denker entwerfen ein Weltbild, in dem alles stetig in Veränderung ist und sogar die Wahrheit von Menschen hergestellt wird. Unsere idealisiertesten Traumberufe zeigen jedoch, dass wir uns trotzdem nach klaren Zielen sehnen.

Die letzten grossen Denker, die seit den 1970er Jahren breiten Einfluss auf unser Welt- und Menschenbild haben, sind Michel Foucault und Jacques Derrida, zwei schillernde Personen und zu Lebzeiten Medienstars. Die darauf losgetretene Denkströmung wird häufig etwas vage unter dem breiten Begriff Poststrukturalismus zusammengefasst.

M. Foucault, der homosexuelle Allesdenker,
der sich nicht um Konventionen scherte und eine
Geschichte des Wahnsinns schrieb (Bild: Internet)
J. Derrida, der seinen eigenen Anblick im Spiegel
ein Leben lang nicht ertrug und fast unverständliche
Texte publizierte (Bild: Steve Pyke)

Diese Denker entwerfen Weltbilder, die von der Auflösung aller Sicherheiten erzählen: Wörter haben keine eindeutige Bedeutung, sondern variieren je nach Sprecher, Situation und sogar Hörer; Wahrheit gibt es nicht im alten Sinn, sondern wird jeweils von den Menschen hergestellt und wandelt sich darum ständig; es gibt keinen idealisierten Zustand, von dem wir alle herkommen, ebenso gibt es kein Ziel. Ja, alles ist ein Spiel von Veränderungen.
Wie man dazu stehen soll, ist uns selbst überlassen: Wir können dieses Fest entweder feiern oder  darüber jammernd zugrunde gehen. Und doch bin ich mir manchmal nicht sicher, wie weit ein solch wandelndes Weltbild tatsächlich bei uns angekommen ist. Leben wir das Fest der Unfestigkeiten? Welche Sicherheiten brauchen wir?
// Antonia Steger  // 6. August 2012 1 Kommentare

Sommerdrink Hugo à la Onkalo

Jedem Sommer gehören seine Drinks. War es letztes Jahr der leicht bittere, erfrischende Aperol Spritz, kommt nun der Hugo unter die Leute. Wann endlich der englische Pimm's auch in der Schweiz an der Reihe ist, wagt man mittlerweile laut zu fragen.
Bis es jedoch so weit ist, wird mit dem Bestehenden experimentiert. In Hoffnung eines Sommertages und in Vorfreude auf die Streetparade präsentiere ich einen Drink, der einfach sympathisch die Kehle runterfliesst. Hugo à la Onkalo quasi. 


Du brauchst:
Pfefferminzsirup (z.B. selbst gemacht, siehe Tipps unten)
Mineralwasser mit Kohlensäure, gekühlt 
Weisswein, gekühlt
Eiswürfel
Ev. Erdbeeren
Ev. frischen Zitronensaft
  • Gib ca. 1 cm aromatischen Pfefferminzsirup in ein Weinglas.
  • Fülle das Glas zu 2/3 mit Weisswein. 
  • Giesse prickelndes Mineralwasser nach. 
  • Runde das einfache Sommerspezial ab mit Eiswürfeln und einer aufgeschnittenen Erdbeere. Ein bisschen frischer Zitronensaft raffiniert den Geschmack.
Einfacher, günstiger und leckerer geht kaum noch. Aber Achtung, es herrscht etwas Suchtgefahr...

Das Schönste an diesem Drink finde ich den selbstgemachten Pfefferminzsirup. Er riecht köstlich frisch und nicht nach künstlichen Kaugummis. Der ist auch einfach hergestellt, das klappt sogar während des Frühstücks vor der Arbeit: